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Ahnenforschung im Schönhengst - Archiv Zámrsk
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Olaf |
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Ahnenforschung im Schönhengst - Archiv Zámrsk.
Verfasst am: 21.06.2007, 22:44
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Wenn ich nach meinen Vorfahren forschen möchte, stellt sich häufig die Frage: Woher bekomme ich Material?
Für den Schönhengst gibt es eine sehr gute Anlaufstelle - das Regionalarchiv in Zámrsk.
Webseite des Regionalarchiv Zámrsk (deutsch)
Ergänzung 2016: Mittlerweile sind sehr viele Matriken online verfügbar
Das Archiv in Zámrsk hat sehr viele Matriken online freigegeben. Dies erfolgt in einer Kooperation mit den Mormonen. Die Momonen stellen die Kirchenbücher/Matriken auf ihrer Seite http://familysearch.org zur Verfügung. Das Archiv stellte die JPG-Fotos von Matriken außerdem zusätzlich als ZIP-Datei zur Verfügung. Die URLs für die ZIP-Dateien finden sich hier Inventarliste der Matriken (PDF 7 MB).
Kleiner historischer Rückblick
Im Mittelalter wurde natürlich auch getauft. Wer heiraten konnte, tat das. Es gab dabei keinen "Formzwang", also kam es nur auf den (meist öffentlichen) Ehekonsens an. Man erklärte vor Zeugen seinen Ehewillen, regelte die finanzellen Dinge (Hofnachfolge, Brautgeld), ging vielleicht zum Notar, um sich diese Sachen beurkunden zu lassen und machte eine Hochzeitsfeier - fertig. Dies war kirchlich akzeptierte Praxis. Wer verstarb wurde schließlich beerdigt.
Für heutige Ahnenforscher gibt es das Problem, dass Taufen und Todesfälle nur selten schriftlich festgehalten wurden. Bei Ehen sind vielleicht Eheverträge vorhanden, die in die jeweiligen Stadtbücher eingetragen wurden. Bei Lehnhöfen mußte der neue Mann (ältester Sohn) dem Lehnsherren den Lehnseid schwören. Auch dies wurde dann (allerdings beim Lehnsherren, z.B. dem Bischof in Olmütz) schriftlich festgehalten.
Mit der Reformation brach eine allgemeine Unruhe aus. Es gab Reformatoren, die nur die Erwachsenentaufe anerkannten, folglich wurden in einigen Gegenden die Kinder nicht mehr getauft. Wer war getauft? In der Praxis kam es häufig zu Kladestinehen (heimliche Ehen).
Als Reaktion auf die Reformation fand das Konzil von Trient [Tridentinum] in der Zeit von 1545 bis 1563 statt.
Und nun wird es für Familienforscher spannend:
Im Dekret "Tametsi" wurde die Formpflicht bei der Eheschließung festgeschrieben. Eheschließungen mußten öffentlich, in der zuständigen Kirche und vor dem zuständigen Ortspfarrer geschlossen werden. Hintergrundinformationen auch zum Tridentinum (PDF 455kB) Die Pfarrer wurden verpflichtet, diese Eheschließungen in den sogenannten Trauungsmatriken (von Matrix) festzuhalten. Die Pfarrer wurden ebenfalls dazu verpflichtet, Taufen (und damit die Geburt) und Sterbefälle zu dokumentieren. Diese Matriken mußten in der Pfarrei aufbewahrt werden. In der Katastrophe des Dreißigjährigen Krieges wurden manche Matriken Opfer der Flammen. Hier ein guter Artikel zum Thema Matriken.
Und nun stellt sich die Frage: Kann ich an so eine Matrik herankommen? - Klare Anwort: JA.
Anfragen bei den einzelnen Pfarreien sind aber meist erfolglos, da die "alten" Matriken von den Pfarreien an das Regionalarchiv in Zámrsk abgegeben wurden.
Hier ein kleiner persönlicher Leitfaden zur Ermunterung (ich war am Montag und gestern in diesem Archiv)
Öffnungzeit des Archivs:
Mo, Mi: 8.00 - 17.00 Uhr
Di, Do: 8.00 - 15.00 Uhr
Fr - So: geschlossen
Es gibt 24 Leseplätze. Wenn diese Leseplätze besetzt sind, hat man Pech gehabt. Gestern und am Montag waren nur die Hälfte der Plätze besetzt.
Anreise
Das Archiv ist mit dem Auto kaum zu verfehlen. Es liegt ca. 5 km nördlich von Hohenmauth (Vysoké Mýto). Wer von Norden kommt, findet links einen großes Autohaus. In Zámrsk befindet sich das Archiv im ehemaligen Schloss. Der Ort Zámrsk ist klein, das Schloss groß - man findet es.
Parkfläche gibt es reichlich auf dem Hof direkt vor dem Schlosstor.
Einsicht in die Matriken
Einlass wird gewährt, nachdem man die Klingel betätigt. Wird etwas auf tschechisch gefragt, einfach: "Archiv" sagen - und schon öffnet sich die Pforte. Dann überquert man den Innenhof und geht zu einer Art Pforte oder Schalter (wie früher bei der Post). Dort zeigt man seinen Personalausweis oder Pass. Die Wache schreibt die Personalausweisnummer auf und händigt einen Schrankschlüssel aus. Dann wird es spannend. Die Wache erklärt nämlich auf tschechisch den Weg zur Leseraum des Archiv. Ich verstehe kein tschechisch, die Dame kein deutsch oder englisch, also nahm sie mich bei der Hand und geleitete mich freundlich in die erste Etage zum Leseraum. Nun schnell alle mitgebrachten Sachen im Schließfach verstauen (dafür gab es nämlich den Schlüssel). Im Leseraum angekommen, wird die Forscherordung in deutscher Sprache vorgelegt. Diese muss durchgelesen und akzeptiert werden. Anschließend gibt es einen tschechischen Fragebogen. Dort muss das Forschungziel angegeben werden. (Also z.B. ankreuzen PRIVAT und in das Textfeld mit dem Zweck/Forschungstitel reinschreiben "Genealogie der Familie XY"). Und dann wird man gefragt, was man denn gerne hätte. (Ich machte den Fehler, die Geburtsmatriken des Ortes Hermersdorf von 1700 bis 1850 anzufordern. Nun war die Hermersdorfer Pfarrei auch für Ketzelsdorf zuständig. Neben Mährisch Hermersdorf gibt es auch die Matriken des angrenzenden Böhmisch Hermersdorf. Jedenfalls benötige das Archiv eine kleine Sackkarre, um mir die Matriken auszuliefern.) Anmeldung und Auslieferung ging sehr zügig. 20 Minuten nach Aussteigen aus dem Auto hatte ich die Matriken vor mir liegen. Ich bekam die Originale.
Im Leseraum sind weicher Bleistift, Papier und Laptop erlaubt. Eine recht gute Leselampe ist vorhanden. Es gibt auch eine freie Steckdose pro Leseplatz für Laptop.
Tipps zur Forschung
Die heutigen Archivnummern tragen eine Erweiterung in der Notation . Diese Erweiterung gibt Auskunft über die Art der Matrik:
N (Geburt)
O (Trauung)
Z (Sterbematrik)
So enthält "M-24 2338 N" lediglich die Taufmatrik, während "M-24 2338 NOZ" alle drei Matikenarten in einem Band vereinigt.
Manche Matrik enthält hinten ein alphabetisches Namensregister. Wer gezielt nach bestimmten Nachnamen sucht, der kann schneller fündig werden.
Hausnummern wurden wegen der Feuerversicherungen eingeführt. Ab etwa 1771 sind diese Hausnummern auch in Matriken zu finden. Dies erleichtert die Suche erheblich. Dumm nur, dass gut 30 Jahre später diese Hausnummern teilweise umgestellt wurden. So gibt es u.U. alte und neue Hausnummern.
Foto vs. Kopie
Interessant ist, dass Fotos erlaubt sind. Ich fragte nach und erhielt einen weiteren tschechischen Vordruck. Dort muss der eigene Name, Matikennummer und Anzahl der Fotos angegeben werden. Mit etwas Übung kann man mit dem digitalen Fotoapparat recht gute Nahaufnahmen machen. Wer sich gleich ans Fenster setzt, oder die Leselampe einschaltet, bekommt häufig recht ansprechenden Ergebnisse. (Dass der Fotoapparat vorher auf stumm geschaltet wird, versteht sich von selbst.) Kopien sind möglich. Diese Kopien werden vom Archiv gemacht und nach einigen Tagen zugeschickt. Ich vermute, dass die Kopien Abzüge vom vorhandenen Archivfilm sind.
Voraussetzung
Pfleglichste Behandlung der Original-Matriken ist natürlich die absolute Grundvoraussetzung.
Es ist auch wichtig, dass man sich vorher im Lesen alter Handschriften fit macht. Je nach Pfarrer werden Eintragungen latinisiert. Diese Eintragungen sind zwar gut lesbar, doch hier sind einige Lateinkenntnisse und Kenntnisse von Abkürzungen hilfreich. Da Herr Sütterlin erst 1865 geboren wurde, sind die deutschen Handschriften mitunter sehr unterschiedlich. Aber die Kenntnisse wachsen auch durch die Beschäftigung.
Abschied vom Archiv
Wenn man seine Forschung beendet hat - oder wenn der Abend naht - so gibt man die Matriken wieder zurück. Anschließend befreit man seine eingeschlossenen Sachen aus dem Schließfach. Dann gibt man den Schließfachschlüssel bei der Wache zurück und kann dann das Archiv verlassen. Immer schön bedanken. (Die Angestellten waren zu mir sehr freundlich und hilfsbereit.)
Kosten
Die Nutzung des Archivs ist kostenlos. (Wenn das Archiv Kopien anfertigt und zuschickt, so sind diese natürlich kostenpflichtig.)
Blick in den Lesesaal des Archivs Juni 2009
- - - Ergänzung September 2009 - - -
Bestände des Archivs - was kann ich dort finden?
Das Archiv hat eine Inventarliste der eigenen Bestände (PDF 7 MB) veröffentlicht. Dort sind auch die Signaturen der einzelnen Bücher ersichtlich.
Wer vor Ort forschen möchte, kann dann ganz professionell die Signaturnummer nennen oder zeigen. Dann geht es schneller und es gibt keine Missverständnisse.
Die PDF-Datei der Inventarliste wurde im November 2007 erzeugt. Inwiefern diese Liste aktuell und vollständig ist, entzieht sich meiner Kenntnis.
In der PDF-Datei kann man nach den deutschen Ortsnamen suchen - so gelangt man häufig am schnellsten zum Ziel.
In der Inventarliste steht auch, ob das Kirchenbuch einen Index hat (also ein Namensregister hat). Der Index ist also eine alphabetische Aufzählung der Namen mit dem Verweis auf die entsprechende Seite. Also so eine Art Inhaltsverzeichnis. Der Index steht in der Regel am Ende des Kirchenbuches.
In der Inventarliste sind weiterhin aufgeführt: Abmessungen des Buchs in cm, die verwendete Sprache (nemcina=deutsch oder latina=latein) und die Anzahl der Blätter = fol. (fol. von folium [lat.], manchmal werden fol. und Seitenzahl synonym gebracht).
Außerdem wird noch angegeben, auf welchem Film das Kirchenbuch alternativ erhältlich ist.
Beispiel aus der Inventarliste:
sign. M-24 2331A matrika N 1614-1655 film c. 2230
územní rozsah: farnost
16x20,5 cm, vazba: poloplátená, 84 fol., nemcina, poznámka: archivní kulturní
památka c. 126 z 16.6.1998, fol.78-81 desátek, kostelní úcty 1642-1648
M-24 2331A: die Signatur (das A scheint für "archivní kulturní památka" = Kulturdenkmal zu stehen, d.h. diese Matrik erhält man im Normalfall nur als Film)
matrika N: Geburts-/Taufmatrik (im konkreten Fall sind nur die Taufen verzeichnet)
[es gibt keinen Index, andernfalls stünde hier: Index N]
1614-1655: Jahrgänge (im konkreten Fall fehlen Eintragungen wegen des 30-jährigen Krieges und der anschließenden Missstände in der Seelsorge)
film c. 2230: Nummer des Films (der Film beinhaltet aber noch weitere Matriken)
územní rozsah farnost: umfaßt die Pfarrei (die im konkreten Fall aus Hermersdorf und Ketzelsdorf bestand)
16x20,5 cm: Abmessung der Matrik 16 x 20,5 cm
vazba poloplátená: Leineneinband
84 fol.: 84 Blätter = 168 Seiten
nemcina: in deutscher Sprache verfaßt (im konkreten Fall gibt es aber auch viel Latein)
poznámka archivní kulturní památka c. 126 z 16.6.1998: Hinweis Kulturdenkmal Nr. 126 vom 16.6.1998
fol.78-81 desátek: Blätter 78 bis 81 enthalten ein Zehnt-Verzeichnis (der Pfarrer hatte ein neues Verzeichnis aus dem Kopf erstellt und in die Matrik geschrieben - ein Zeichen für die extreme Not, denn die Schweden hatten die entsprechenden Unterlagen im 30-jährigen Krieg zerstört und es gab offensichtlich kein anderes Papier mehr!)
kostelní úcty 1642-1648: Mess-Stiftungen (wer hatte Mess-Stipendien in welcher Intention gestiftet)
Langer Rede, kurzer Sinn:
Es handelt sich um die 168-seitige Taufmatrik von Hermersdorf und Ketzelsdorf aus dem Zeitraum 1614 bis 1655. Allerdings wird man nur den Film Nr. 2230 bekommen, um ihn auf dem Lesegerät als Negativ zu lesen.
Bei der jüngsten Taufmatrik aus Hermersdorf 1889-1922 fand ich folgenden Vermerk:
lze predkládat od r. 2023: Sperrfrist bis 2023
Zuletzt bearbeitet von Olaf am 17.07.2016, 17:56, insgesamt 12-mal bearbeitet
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Thomas |
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Verfasst am: 22.06.2007, 00:10
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Mensch toll, Olaf
ich war jetzt schon drei Mal dort im Archiv. Du hast es wirklich klasse beschrieben und alles wichtige angeführt!
Hier noch der Link zu unserer Adressenseite von Zámrsk (Samrsk) und anderen Archiven.
Es wäre schön, wenn Änderungen und Neuigkeiten zum Archiv Zámrsk in diesem Thema vermerkt und gegebenenfalls weitere Erfahrungsberichte eingestellte werden könnten.
Noch ist ja aber alles taufrisch beschrieben, die Amerikaner würden sagen „brandnew“ (nigelnagelneu) und so lebendig beschrieben.
Vielen Dank
Thomas
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Martin |
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Archiv in Zarmsk.
Verfasst am: 22.06.2007, 14:11
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Hallo Olaf!
Vielen Dank für die super Beschreibung! Die ist so gut, daß, wie Thomas bereits richtig vermerkt hat, eigens darauf hingewiesen werden sollte! Vielleicht über die erwähnte Webseite oder ähnliche Links.
Falls jemand plant, demnächst auch das Archiv in Zarmsk zu besuchen, wäre ich für eine kurze Info dankbar. Vielleicht könnte man dann zusammen dort hin fahren oder sich zumindest abstimmen, falls es zeitlich paßt.
Ich interessiere mich für die Pfarrei Krönau mit den zugehörigen Orten wie Langenlutsch, Mariendorf, Rauden. Vielleicht könnte auch jemand für mich vorab schon einige Digitalfotos davon machen, denn ich würde gerne einen Eindruck von den Original Matriken bekommen (Thema Lesbarkeit ). Hochwertige Digitalfotos sind auch immer ein guter Beleg für die Datenquelle und damit generell von Interesse.
Gruß, Martin
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Olaf |
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Beispiel für Matrikeneintragungen.
Verfasst am: 26.06.2007, 17:21
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Ich möchte einige Beispieleintragungen zeigen und kommentieren. Je nach Pfarrrer und Zeit differieren diese Eintragungen erheblich. Manchmal sind alte Eintragungen viel einfacher lesbar als jüngere Eintragungen.
Ehematrik aus Hermersdorf bei Zwittau 24. Juni 1698:
Sprache: deutsch
Mögliche Probleme: Abkürzungen im Text ("Hr", "E", "Seel"), Volltext ohne Tabellenunterstützung
Vorteil: schematische Sprache
Und nun die Transkription:
Den 24. Juny
Ist getraudt worden der
Ehrenveste Hr. (Herr) Bartholomäy
Vorberger Lenhoffs Besitzer
zu Hermersdorff mit der
Jungfer Margretha (des) Seel(ligen)
Philip Schestackher Hinterlassene E(heliche)
Tochter auß Gloßeldorff.
Zeugen Wolffgang Preußl,
undt Valtin Schlägl.
Und nun die Aussage des Textes in heutiger Sprache:
Am 24.6.1669 wurden der Besitzer des Hermersdorfer Lehnhofs, Bartholomäus Forberger, und die bisher unverheiratete [also kein Witwe] Margaretha Schestak aus Glaselsdorf, eheliche Tochter des verstorbenen Philip Schestak, getraut.
Zeugen waren: Wolfgang Preußl und Valentin Schlegel.
(Danke an Thomas Tast für diese Datei, und danke an meinen Großonkel Erwin Heilek für die Transkription.)
Zuletzt bearbeitet von Olaf am 26.06.2007, 20:16, insgesamt einmal bearbeitet
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Olaf |
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Verfasst am: 26.06.2007, 20:07
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Ich hoffe, dass das Beipiel oben nicht zu sehr geschockt hat. Deshalb leichtere Kost - etwa 80 Jahre später. Das Beispiel vom 13. Januar 1782 aus der Hermersdorfer Ehematrik:
Transliteration der erste Eintragung:
1) 13 (steht für den 13. des Monats),
2) Coop.
3) Wenceslaus Caroli Stenzl Rust. filius cum Teresia Gregorii Maixner dom filia
4) Joannes Kraut Rusticus, Joseph Kohl Rust ambo ex Ketzld
5) Cath
6) Ketzld
7) 140
Sprache: Latein
Mögliche Probleme: Lateinische Abkürzungen ("Rust", "dom")
Vorteil: leicht lesbar, klare Gliederung durch Tabellenspalten, Vatersnamen sind stets vorhanden - das freut den Familienforscher
zu 1) 13.1.1782 war die Eheschließung
zu 2) Cooperator [Kaplan, Vikar] nahm die Trauung vor, nicht der Pfarrer [Parochus]
zu 3) Es heirateten: Wenzel Stenzl, Sohn des Bauern Karl Stenzl mit Theresia Maixner, Tochter des Häuslers (dom) Gregor Maixner
zu 4) Trauzeugen: Bauer Johannes Kraut und Bauer Joseph Kohl beide aus Ketzelsdorf
zu 5) katholische Trauung
zu 6) Ort der Trauung: Ketzelsdorf
zu 7) Hausnummer des Wohnort: Nr. 140
Ich bin ein großer Freund lateinischer Eintragungen, die sind für die Ewigkeit gedacht. Außerdem sind sie "über"-national.
Die weiteren Zeilen sind zum Üben - viel Erfolg!
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Thomas |
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Der Dreieck-Hut.
Verfasst am: 26.06.2007, 20:55
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Hallo miteinander,
wirklich tolle und sehr lehrreiche Beispiele von Olaf!
Ich drängele mich ’mal kurz dazwischen und übe kurz.
Transliteration der obigen Heirat am 27. Jan. 1782
1) 27
2) Barochy
3) Joannes Martini Jokele dom. filiy cum Maria Joannis Kraut Rust. filia
4) Matthay Huschka dom. Matthaus Hink dom ambo ex Ketzld.
5) Cath
6) Ketzld
7) 141
Transkription der Heirat am 27. Jan. 1782
zu 1) 27.01.1782 getraut
zu 2) Pfarrer? Barochy = Parochus?
zu 3) (Bräutigam) Johann, Sohn des Häuslers Martin Jokele. (Braut) Maria Kraut, Tochter des Bauern Johann Kraut.
zu 4) Trauzeugen: Matthay Huschka, Häusler. Matthaus Hink, Häusler. Beide aus Ketzeldorf. (Unterschied Matthay-Matthaus?)
zu 5) Katholische Trauung
zu 6) Ort der Trauung Ketzelsdorf (nicht in der Kirche?)
zu 7) Hausnummer: 141
Drei Fragezeichen habe ich noch dabei
Gruß
Thomaß
Zuletzt bearbeitet von Thomas am 28.06.2007, 14:41, insgesamt 4-mal bearbeitet
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Olaf |
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Verfasst am: 26.06.2007, 21:17
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Kommen wir nun zu einer Eintragung ins Hermerdorfer Taufbuch vom 28.1.1793:
Transkription:
Tauffer: 28ten Joannes Weiser Coopus [Cooperatus] (Kaplan Johannes Weiser)
Haus Nummer: 125
Namen: Carl Ignatz Forberger
Religion Katholisch: 1
Geschlecht Knab: 1
Ehelich: 1
(Roßalia Mannin [weibl. Form des Familiennames "Mann"] Hebamme)
Aeltern Vater: Severin Forberger Lehensbesitzer
Aeltern Mutter: Veronika Kohlin
Pathen: Joseph Kohl - Bauer, Anna Kohlin - Bäuerin [weibl. Form des Familiennames "Kohl"]
Sprache: Deutsch
Mögliche Probleme: Mühsame Entzifferung
Vorteil: Klare Gliederung durch Tabellenspalten, Frauennamen sind als weibliche Namen durch die Endung -in gekennzeichnet (analog den slawischen Frauennamen -ova oder -owa). So wird aus der "Frau Kohl" die "Frau Kohlin". Der Familienname der Frau ist ihr Geburtsname.
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Thomas |
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Verfasst am: 26.06.2007, 21:38
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Hallo Olaf,
Du hast die Abkürzung vor 28ten vergessen?
Müsste wohl d. (den) oder „Dies“ (Tag) heißen?
Den 28ten Januariey (steht oben in der Spalte) 1793 (steht über Januar).
Ich kenne nur Januarÿ als Abkürzung für Januarius?
oder
Dies: 28
In späteren Matirken steht dann immer.
Den 28 ten May getauft von mir P. Franz Fischer ...
Vielleicht noch ganz wichtig zu erwähnen. Falls einmal dasteht:
den 27. VIIIbris 1798 getauft!
Dann ist das nicht der 27. August, sondern der 27. Oktober (Oktobris).
Das kommt noch daher als das Jahr 10 Monate hatte und Oktober heißt der achte Monate (Okto), VII war der siebte Monat, also Sept., IX der neunte Monat, also November und laut Dezimalsystem X der zehnte Monat, also heute Dezember.
Weil man römische Ziffern benutzt hat, hat man aus welchem Grund auch immer, diese Zählweise genommen und nicht die Monate an der Hand abgezählt, wo ja VII der Juli wäre.
Gruß
Thomas
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Olaf |
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Verfasst am: 26.06.2007, 22:08
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Danke Thomas,
für den Hinweis mit "Dies".
Und danke für die Abkürzung des Monats mit lateinischen Zahlen. Das wußte ich noch nicht, es klingt aber logisch!
Ursache liegt darin, dass im Römischen Reich der erste Monat dem wichtigen Kriegsgott Mars gewidmet war. Folglich zählte man die Monate ab März.
Sept-ember ist also der siebte Monat.
Es gab zwölf Monate, der letzte Monat war der Februar - und je nachdem, wie man es brauchte, so wurde das Jahr eben um einen Tag verlängert (Schaltjahr).
Eine Gemeinheit habe ich auch noch: die mittelalterliche Zählung der Jahre.
Gedankenexperiment: wir schreiben den 23.12.1007 (also 1007 Jahre nach Christi Geburt). Bald ist Weihnacht - der Geburtstag Christi. Ihr ahnt die Gemeinheit ... der Jahreswechsel steht unmittelbar bevor. Denn in zwei Tagen wird der 25.12.1008 sein (also 1008 Jahre nach Chrsti Geburt). Leider wurde diese Regel aber nicht einheitlich verwendet.
Dies wird man aber wohl eher in mittelalterlichen Verträgen oder Urkunden finden. In Martriken dürfte es eine einheitliche neuzeitliche Jahresregelung geben.
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Olaf |
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Verfasst am: 26.06.2007, 22:48
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Zum Abschluss noch etwas "harten Tobak". Diese Eintragung in der Hermersdorfer Taufmatrik stammt aus dem Jahr 1825. Es handelt sich um die uneheliche Geburt meines Urururgroßvaters. Erst im Jahre 1843 (als er 18 Jahre war), bekannte sich sein Vater zu ihm. All das ist auf wenigen Quadratzentimetern dokumentiert (und hat mich mehrere Tage Recherche gekostet). Es geht um die zweite Zeile!
Beispiel ohne Hilfe
Um aus diesem Gekritzel den Sinn zu extrahieren, hilft es, wenn man Muster erkennen kann. Dies habe ich einmal farblich markiert:
Beispiel mit Hilfe
Bei der ursprünglichen Eintragung 1825 wurde nur der Name des Täuflings "Anton" (weiß) ohne dessen Familiennamen angegeben und der Name der Hebamme (blau): "Heb. Ruth Schmidin Hermersdorf Nr 38". Außerdem wurde als Hausnummer die Hausnummer der Mutter angeführt: "Nr. 50".
Dann wurde die Geburt aus unehelich klassifiziert (gelb). Die Spalte für den Vater blieb leer.
Nach 18 Jahren (1843) kam nun der Vater mit den zwei Zeugen (grün): "Anton Forberger und Mathias ..."
Es wurde der Vater eingetragen: "Carl Forberger Lehenmitglied Nr. 40" (braun).
Happy end durch die Formel (rot): "legitimatur jur future"
Dies soll ein kleiner Vorgeschmack dessen sein, womit man bei der Auswertung der Matriken rechnen kann. Wie schrieb mein Großonkel so treffend: "Alles hat aber auch seine Grenzen." Es gibt also auch Eintragungen, die wirklich unlesbar sind.
(Ich habe die Beispiele als Link angegeben, da sie sonst das Layout dieser Seite "zerschreddert" hätten.)
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Thomas |
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Verfasst am: 27.06.2007, 04:50
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Olaf hat Folgendes geschrieben: |
... Ursache liegt darin, dass im Römischen Reich der erste Monat dem wichtigen Kriegsgott Mars gewidmet war. Folglich zählte man die Monate ab März.
Sept-ember ist also der siebte Monat.
Es gab zwölf Monate, der letzte Monat war der Februar ... |
Hallo Olaf,
ergänzend, es gab ursprünglich noch zwei weitere Monate, die aber nicht teilweise mit römischen Zahlen in den Matriken abgekürzt wurden, weil sie zu dieser keine Zahl mehr im Monatsnamen hatten:
Juli = Julius: Ursprünglich Qu i n t i l i s, der fünfte Monat. Geburtsmonat Cäsars. Nach ihm wurde dieser Monat Julius (Juli) seit 44 v. Chr. genannt.
August = Augustus: Der Monat, in dem Kaiser Augustus starb. Um ihn zu ehren, wurde der Monat S e x t i l i s, der sechste Monat, seit 8 v. Chr. in Augustus umbenannt. Folglich war der Juni der sechste Monat und September der siebte.
Was schließt man daraus. Unsere Monatsnamen sind römischen Ursprungs, unsere Wochentagsnamen germanischen Ursprungs.
Gruß
Thomas
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